.rcn: Hallo Julian, vor fünf Jahren wäre ein Konzert von Billy
Gibbons im Löwensaal in kürzester Zeit ausverkauft. Das Konzert
wurde ja jetzt in die große Halle im Z-Bau herunter verlegt, du
warst vor Ort, wie war es denn? Wie ist dein kurzes Fazit?
Julian: Wenn eine lebende Legende wie ZZ-Top Frontmann Billy
Gibbons nach Nürnberg kommt, sind die Erwartungen natürlich
hoch. Diese Erwartungen konnten an diesem Abend - zumindest bei
mir - leider nur teilweise erfüllt werden.
.rcn: Der eine oder andere Guns'n'Roses Fan
war ja auch dort, weil deren Ex-Drummer Matt Sorum an der
Schießbude angekündigt war...
Julian: Ja, sogar am Konzerttag selbst war
das online noch zu lesen. Ich habe mich vor dem Konzert im
Biergarten auch noch mit einem Besucher unterhalten, der extra
wegen Matt Sorum gekommen ist. Dass dieser dann ohne Angabe von
Gründen nicht da war finde ich schon ein starkes Stück. Auch
wenn das für die meisten Besucher wohl zu verschmerzen war.
Ebenso wie die etwas kurze Spielzeit von knapp unter 75
Minuten. Aber da kann man angesichts des fortgeschrittenen
Alters von Billy Gibbons wohl ein Auge zudrücken.
.rcn: Stimmt! Als Radiomacher fiel dir beim
Konzert aber auch etwas anderes auf, bzw. stieß dir schon etwas
sauer auf...
Julian: Ja. Wenn mindestens die Hälfte des
Sets offenbar vom Band kommt ist das für mich schon ein
eindeutiger Verstoß gegen die zehn Gebote des Rock 'n' Rolls!
.rcn: Puh! Könnte das an Billy's Alter
liegen, oder schlichtweg daran, dass man als US-Musiker einfach
nicht genug Tourmusiker zusammen bekommt? Das hören wir oft in
Interviews der letzten Zeit.
Julian: Schwer zu sagen. Dass Bands wie
Mötley Crüe oder KISS seit Jahren mehr oder weniger
offensichtlich bei Konzerten auf sogenannte Backing Tracks
zurückgreifen, ist ja ein offenes Geheimnis. Dass aber einer
der letzten großen Bluesrock-Ikonen es nötig hat, sein Publikum
so an der Nase herumzuführen, hinterlässt nicht nur in
Anbetracht der saftigen Ticketpreise, das Ticket kostete 80
Euro an der Abendkasse, einen faden Beigeschmack. Zumal die
drei Jahre ältere Patti Smith einige Tage später auf Burg
Abenberg eindringlich bewiesen hat, dass man auch im hohen
Alter noch abliefern kann.
.rcn: Wie klang es denn, wenn er tatsächlich
selber sang, bzw. wie merkt man das als Laie ob etwas vom Band
kommt?
Julian: Das ist es ja! Die Songs, die er
tatsächlich live gesungen hat klangen eigentlich allesamt gut.
Das waren vor allem die langsameren Bluesnummern. Warum er also
gerade bei den neueren Songs seiner Soloalben auf
Playback-Gesang zurückgreift weiß wohl nur Billy Gibbons
selbst. Ich stand beim ersten Song noch auf Höhe vom Mischer
und da kam mir der Gesang schon komisch vor. Also hab ich mich
bis in die zweite Reihe vorgekämpft und dort hat sich mein
Verdacht dann erhärtet. Trotz Rauschebart konnte man an einigen
Stellen schon deutlich sehen, dass Gesang und Lippenbewegung
nicht übereinstimmen. Als dann der Tontechniker an einer Stelle
das Mikrofon zu spät wieder auf "on" stellte war die Sache für
mich endgültig klar.
.rcn: Wie war die Stimmung im Saal am Ende
des Konzerts, als das Licht wieder an ging?
Julian: Mein Eindruck war, dass die meisten
Besucher einen guten Abend hatten und auf ihre Kosten gekommen
sind.
Die ZZ Top Hits standen ja fast alle auf der Setlist. Die
Playback-Einlage haben die meisten entweder nicht mitbekommen
oder schlichtweg ignoriert. Was mich am Ende ein bisschen
versöhnt hat war, dass sich Billy nach der Show am Tourbus
noch Zeit genommen hat und Selfie- und Autogrammwünsche
erfüllt hat. Das ist ja auch keine Selbstverständlichkeit. Und
das fränkische Bier (Simon aus Lauf) hat ihm übrigens auch
geschmeckt.
Julian Hahn/Ewald Funk
NEUIGKEITEN/AKTUELLES EINZELANSICHT
SO WAR: BILLY F. GIBBONS, MI. 21.06.2023, NÜRNBERG, Z-BAU SAAL
William Frederick Gibbons, Gründervater vod ZZ Top uns stilbildender Gitarrist spielte solo vor wenigen Tagen im Z-Bau Saal. Wir haben uns mit Julian von Star FM Nürnberg unterhalten, der vor Ort war. Foto ist von Nadine Rodler.