INTERVIEW MIT VENGINCE-SÄNGER RELENTLESS
.rcn: Irgendwer muss ja eine Band erstmal gründen. Wenn du nach all den Jahren zurückblickst, wann war die Geburtsstunde der Band und wie ist das damals abgelaufen?
Relent: Die Idee VENGINCE zu gründen kam 1994 den ursprünglichen Mitgliedern Relentless, Flatline, Cadaver und Wrenne. Als Teenager gingen wir zusammen zur Schule und fingen an Metal zu spielen. Schlagzeuger Flatline und ich blieben seit dem die ganze Zeit als Vengince zusammen, haben Songs geschrieben und sind aufgetreten..
.rcn: Auf dem Eingangs-Bild eurer Website posiert die Band vor einer außergewöhnlichen Kulisse. Wo ist das? Schaut aus wie ein Salzwasserbecken...
Relent: Ja, das stimmt sogar!
Wir wollten einen richtig verschmutzt aussehenden Hintergrund
und haben ein verlassenes Salzbassin gefunden, das von der
Firma Morton Salt betrieben wurde. Die haben das Land der
Öffentlichkeit zurückgegeben und wir hörten über Jeff, unseren
Fotografen bei diesem Shooting, davon. Das ist eine wirklich
einzigartige Gegend dort und sie ist nur eine Meile von den
Weltklasse-Weinbergen in Napa Valley, Kalifornien, entfernt,
was schon an sich lustig ist.
.rcn: Auf eurer Website gebt ihr als Wohnort Oaksterdam an. Als wir danach bei Google gesucht haben, sind wir auf einen seltsamen Ort in Oakland/Bay Area gestoßen. Ist das ein Witz mit diesem ganzen Cannabiszeug oder ein echter Versuch, liberale Gesetze wie in Holland durchzusetzen?
Relent: Oaksterdam ist eine
wirklich existierende, liberale Wohngegend in Oakland,
Kalifornien, wo man das holländische Modell der Nutzung von
Cannabis zu medizinischen Zwecken und zur Entspannung für die
gesamten USA durchsetzen will. Wenn das durchgeht, würde sich
da auch mal bei uns langsam der gesunde Menschenverstand
durchsetzen und viele kleine Konsumenten würden nicht mehr als
Kriminelle behandelt werden. Es ist toll, dass man in Holland
die Leute selber entscheiden lässt, was ihnen gut tut, denn
früher gab es ja in Amerika auch keine Gesetze dagegen.
.rcn: Der Sänger von Stuck Mojo singt als Gast auf dem Album. Schön nach all den Jahren wieder von der Band zu hören. Unser Magazin hatte das erste Interview mit der Gruppe Mitte der 90er. Ist Rich Ward immer noch der Boss?
Relent: Yep. Er ist jetzt mehr
oder weniger der Boss, obwohl seine Bandkollegen tolle Jungs
und gute Musiker sind. Rich ist ein schlauer Kerl, er hat sich
wirklich alles was er hat selbst erarbeitet. Mojo pflegten eine
wahnsinnige Menge an Shows pro Jahr zu spielen, deswegen haben
sie sich einen Namen gemacht. Es ist anders als die frühere
Besetzung mit den Jungs die jetzt in der Band sind. Aber als
wir die Ektomorf-Tour mit Stuck Mojo und Tenside gemacht haben,
haben wir uns den Nightliner mit Mojo und Tenside geteilt. Es
war eine großartige Tour und wir hatten eine Menge Spaß. Mit
dem Sänger von Stuck Mojo, Lord Nelson, bin ich sehr eng in
Kontakt geblieben, ich glaube wir werden Freunde fürs Leben
bleiben. Rich Ward habe ich zufällig im Januar auf der NAMM,
einer großen Musikermesse in Südkalifornien, getroffen und wir
haben uns kurz unterhalten.
.rcn: Auf der Plattenhülle werden die
Bandmitglieder nicht wie im Pass sondern nach ihrem Spitznamen
benannt, was bedeuten diese im Einzelnen?
Relent: Wir halten unsere
Spitznamen für Einprägsamer, deswegen heiße ich „Relentless“,
weil ich oft ruhelos bin. „Flatline“ sagt alles, der kommt früh
schwer aus dem Bett. „Ruxton“ heißt mit Familienname einfach
so, „Slim“ isst für zwei, wird aber nie dick und die
Geschichte, die zu „Father“ geführt hat, sorry Jungs und
Mädels, ist zensiert. (lacht) Dann ist da noch „Dankman“, der
hat uns die Philosophie hinter Gras beigebracht, heißt aber so,
weil er auf Tour mal mit dem Rapper Method Man verwechselt
wurde. Der Name musste dann einfach bleiben.
Die kürzeren Versionen sind wie folgt:
Relentless: Relent
Flatline: Flat
Ruxton: Rux
Slim: Slim (ja, nicht kürzer, tut mir leid)
Father: Faz (wird Fadj ausgesprochen, wie Madja und
Fadja im Film Austin Powers Goldmember)
Dankman: Dank... die längere Version ist Dank Manager
.rcn: Ihr wart zusammen mit Pro-Pain kürzlich
auf Europatournee, es hieß deren Chef Gary hätte in Österreich
Probleme bekommen?
Relent: Vengince hat bisher
zwei volle Europa-Touren mit Pro-Pain gemacht und wir haben die
Touren absolut genossen. Pro-Pain sind gute Kumpels von uns,
sie werden uns immer unterstützen. Während der letzten paar
Jahre haben sie uns wirklich immer ausgeholfen und wir waren
stolz mit ihnen auf Tour gehen zu können. Sie haben uns an
viele neue Spielorte mitgenommen, das werden wir niemals
vergessen. Vengince hat an jedem Abend dieser Touren verdammt
abgerockt und hoffentlich werden viele der Fans, die damals
dabei waren, Vengince weiterhin unterstützen.
Gary ist kein Missgeschick jeglicher Art unterlaufen. Da war
ein betrunkener Idiot im Publikum, der versucht hat, mit einer
Bierflasche als Waffe in der Hand auf die Bühne zu stürmen.
Gary hat gar nichts gemacht. Sein Stage Manager hat ihn vor
einer Verletzung geschützt und sie haben überhaupt nichts
falsch gemacht. Wenn jemand von euch etwas anderes hört, ist
das Bullshit, weil ich war dabei. Ich weiß, dass einige
Lügengeschichten über diese Sache in den österreichischen
Zeitungen abgedruckt worden sind. Vengince hat denen die
wirkliche Version der Geschichte zugesandt.
.rcn: Die Presse findet immer eine Bezeichnung für eure Musik, aber hat irgendwer nach eurer eigenen Definition gefragt? Wie würdet ihre eure Musik selbst beschreiben?
Relent: Wir denken, dass es
auf Thrash basierender Metal mit Hardcore-Elementen und
experimentellen Breaks ist. Wir mögen es, viele Pausen und
subtile technische Wechsel und Abschnitte zu machen. Wir sind
nicht besonders eigenständig, aber wir sind sehr talentiert.
Bitte kauft das neue Vengince –Album, "A Turn For The Worst".
Es kommt am 28. Mai in die deutschen Läden und ihr könnt es bei
amazon.de und bei den Einzelhändlern bestellen..
.rcn: Hilft es, einen bekannten Produzenten wie Juan zu bekommen, wenn man vor einiger Zeit schon die Bühne mit ihm geteilt hat?
Relent: Ja. Juan und ich sind
Kumpel und wir haben immer Spaß wenn wir zusammen rumhängen
oder arbeiten. Der Kreis hat sich geschlossen als Juan uns zum
ersten Mal produziert hat und wir Vorband von VILE in der Bay
Area waren, und für andere Bands wie EXHUM, SPERADIC PSYCOSIS,
P.C.P und IMPALED.
.rcn: Titel und Cover des neuen Albums beschreiben nicht gerade positiven Gefühle. Was bedeuten sie?
Relent: "A Turn For The Worst" ist eine Betrachtung der heutigen Regierungen und wie sie alle versagt haben. Es wirft einen Blick auf dich selbst und darauf, was du tun kannst, um dich persönlich aus dem Negativen rauszuholen und ein positves Leben für dich und deine Familie zu schaffen. Hört euch das Album an und fühlt euch in die Musik und die Texte rein.
.rcn: Es ist immer hilfreich, Meinungen von einfachen Amerikaner zu hören, abseits der Zeitungen und TV-Magazine. Hat Präsident Obama das politische Klima in den USA gänzlich geändert?
Relent: Obama hat sicherlich
einige Dinge geändert und neuen potentiellen Politikern einige
Türen geöffnet. Ich persönlich fühle mich jetzt etwas
enttäuscht von ihm, und ich bin mir über seiner Politik nicht
mehr sicher. Hier in Amerika werden wir von der Regierung jeden
Tag angelogen. Viele, vielleicht die meisten Länder haben das
selbe Problem. Die Sache ist die: die Bürger bekommen nie die
ganze Wahrheit serviert oder dürfen mitentscheiden. Diejenigen,
die die Macht haben, geben diese nicht so einfach auf. Ich
denke dass Amerika eine Menge Dinge ändern muss, im Hinblick
darauf, dass Unternehmen und die Wall Street unsere momentane
Finanz- und Immobilienkrise manipuliert und während der scheiß
Rettungsaktion durch die Regierung Milliarden von Dollar von
den steuerzahlenden Bürgern gestohlen haben. Ich sage: lasst
diese Unternehmen doch einfach untergehen. Sie alle haben so
viel Geld gemacht, dass es schon fast ekelerregend ist, und
dann gibt Obama ihnen auch noch Milliarden obendrauf. Totale
Scheiße. Korruption vom Feinsten.
.rcn: Gibt es bei Euch eigentlich noch dieses Klischee vom Redneck, der seinen spritsaufenden 12-Zylinder liebt?
Relent: Glaube mir, seit dem
die Spritpreise bei uns durch die Decke gingen, kauft kaum
jemand mehr solche Autos. Ich wohne in einer wohlhabenderen
Gegend von Kalifornien und habe nicht so viel mit Landeiern zu
tun. Aber es ist immer noch schwer, solche Menschen von Dingen
zu überzeugen wenn sie die Wahrheit nicht hören wollen.
.rcn: Was erwartet ihr für die nähere
Zukunft der Band?
Relent: Wir arbeiten gerade
mit Allen von der Agentur Go Down Believin daran, eine Europa
Tour von Juli bis September 2010 zu buchen. Vengince will große
wie auch kleine Shows spielen. Dieses Mal versuchen wir, auf
einigen Festivals aufzutreten und auch ein paar größere Bands
zu supporten oder Headliner bei einigen kleinen, intimen
Veranstaltungen während der Reise zu machen. Schaut alle in
Kürze in den Tourdaten nach! Wenn ihr uns buchen oder mit
Vengince spielen wollt, meldet euch auch. Wenn das Album
erstmal draußen ist, wollen wir da rüber und anfangen, hart zu
touren, eine Show nach der anderen zu spielen und Fans treffen
und neue zu gewinnen. Wir freuen uns darauf, bald viel Pils zu
trinken und mit euch allen Gras zu rauchen.
.rcn: Als ich angefangen habe über Musik zu schreiben (vor 20 Jahren) war der Albumverkauf die Haupteinnahmequelle einer Band. 2010 muss man massiv auf Tour gehen um über die Runden zu kommen. Kannst du dir vorstellen in der damaligen Zeit zu leben, als Musikalben noch etwas wert waren?
Relent: Es muss toll gewesen sein. Die Tatsache, dass man heute mit Alben kein Geschäft mehr macht, macht es manchmal schwer, eine Karriere überhaupt als solche zu betrachten. Aber wir waren schon immer ein Liveact und wenn du ein echter Fan bist, bitte kauf dir das neue Album, Vengince "A Turn For The Worst" und unterstütze uns. Wir wissen so einen Kauf nicht nur sehr zu schätzen, es hält uns auch am Laufen.
.rcn: Wie wichtig sind moderne Medien wie Facebook , Twitter und so weiter für den Kontakt mit den Fans?
Relent: Twitter finden wir
schwachsinnig, das benützen wir nicht. Facebook ist das neue
große Ding für die Leute, obwohl es für Bands nicht gut
aufgebaut ist. Trotzdem sind wir dabei und es gibt eine
Vengince-Facebookseite. Aber unsere myspace-Seite ist
vollständiger, ihr könnt beide über www.vengince.com
erreichen.
.rcn: Wenn du Leute auf Konzerten triffst, die offen zugeben, sich illegal Musik aus dem Internet zu laden: streitest du dich noch mit ihnen?
Relent: Ich bin mehr oder
weniger davon abgekommen. Wenigstens kommen sie zu den
Konzerten. Das ist der wichtigste Teil, denn wenn wir mehr
Zuschauer für uns gewinnen, kommen wir langsam über die Runden
mit den Gigs. Wir sind jetzt bei einem neuen Label namens Ivory
Tower Records, außerdem haben wir in Deutschland jetzt mit
Cargo einen besseren Vertrieb und man bekommt z.B. unser neues
Album leichter im Handel. Wir freuen uns über jeden, der es
kauft, statt es im Internet zu klauen.
.rcn: Seit ihr schon mal an einem sehr ungewöhnlichen Ort aufgetreten? Wenn ja, wo?
Relent: Oh, da gibt es viele,
lass mich überlegen: Die Nr. 1 war mal, dass wir in der Mitte
eines Skateboardparks gespielt haben und um uns herum lauter
Skater durch die Halfpipes sausten!
.rcn: Was bedeutet Jägermeister Music Endorsement?
Relent: In den USA ist
Jägermeister das meistverkaufte Shot-Getränk. Es ist
fantastisch und Jäger ist fantastisch. Wir lieben Jäger, die
Menschen dort unterstützen Vengince seit 7 Jahren. Die haben
hier ein großes Förderprogramm mit über 100 Bands im ganzen
Land. Vengince machte bei allen Auftritten während der letzten
7 Jahre Werbung für Jäger und wir werden weiterhin Werbung für
sie machen . Wenn du Vengince einen Shot spendierst, rate ich
dir eine Runde kalte Jägermeister zu kaufen!
.rcn: Ihr seit mit Ektomorf auf Tour in Europa gewesen. Sie sind außergewöhnlich eigenständig mit ihrem „ethnischen“ Metalstil. Manche nennen sie die Sepulturas von Ungarn. Stimmst du da zu?
Relent: Ethnisch? Ich weiß
nicht, ob du das meinst, weil sie Ungarn und wie ich denke
Zigeuner sind. Ihr Sound hat einen soliden Groove und sie haben
eine Menge Leute angelockt während unserer Tour mit ihnen. Wir
sind sehr glücklich dass wir mit ihnen getourt sind, es war
sehr gut für unseren Namen. Sie haben auf ihrer Tour zwar ihr
eigenes Ding gemacht und hatten auch ihren eigenen Bus.
Außerdem hat die Band jetzt neue Mitglieder, also kann ich
nicht so viel über sie sagen.
.rcn: Die meisten Metal/Hardcore-Bands
benutzen keine Synthies oder Samples. Wo liegt der Ursprung
dieses Teils eurer Musik?
Relent: Wir versuchen nicht in
ein Genre zu passen. Als wir angefangen haben zu spielen haben
wir Bands wie Faith No More, White Zombie und Fear Factory
gehört und wollten diese zusätzlichen Elemente in unsere Musik
integrieren. Wir denken dass uns das von den meisten
anderen Bands unterscheidet. Als ich vor einigen Wochen ein
Konzert von Faith No More besucht habe, war ich begeistert
davon, wie Roddy Bottum die Tasten zerfetzt.
.rcn: Ihr habt im CBGBS in New York gespielt. War das ein besonderes Konzert für euch?
Relent: JA das war es absolut.
Ich zähle es immer noch zu den besten zehn Konzerten, die ich
je gespielt habe, denke ich. Ich war so aufgeregt und die Show
war ausverkauft. Es war rappelvoll. Total großartig. Der Sound
war toll, alles in allem eine schöne Erfahrung. Die Location
war dreckig und klein, aber ist einfach ein legendärer
Veranstaltungsort gewesen, den es jetzt nicht mehr gibt. Wir
sind froh, dort vor so vielen Leuten gespielt zu haben.
.rcn: Unser Magazin ist in Nürnberg,
Deutschland, beheimatet. Ihr habt mit Pro-Pain 2009 hier
gespielt. Nürnberg ist bekannt für seine schlimme Geschichte im
2. Weltkrieg. Hattet ihr Zeit das historische Gelände nicht
weit vom Veranstaltungsort Hirsch zu besuchen?
Relent: Wir haben dort auch
auf der Ektomorf-Tour gespielt, im Hirsch glaube ich. Beide
Shows waren großartig und wir wollen auf der diesjährigen Tour
wiederkommen. Wenn du einen Veranstalter kennst, der kann sich
gerne bei unserem Agenten melden, wir würden gerne in
jeder europäischen Stadt spielen, nicht nur in Nürnberg.
Ich habe damals nicht viel von der Stadt gesehen, weil wir
beide Male eine lange Fahrt hinter uns hatten uns um den
Soundcheck kümmern mussten, als wir an diesem Tag
aufgewacht waren. Ich erinnere mich gut an beide Nächte, die
Leute waren total cool zu uns, zudem war das Bier und das Essen
in Nürnberg sehr gut.
Vielen Dank für das Interview und Gruß an alle Fans, die das
Interview lesen. Bitte holt euch euer Vengince-Album,
"A Turn For The Worst".
.rcn