Wir wissen nicht, was das Ziel des Videos war. Wollte Witt
provozieren und pure Aufmerksamkeit auf seine sicher nicht
prächtig laufende Platte lenken, also quasi Klicks auf youtube
fischen oder findet sich das Motiv in den tiefen Gründen seiner
Seele? Also wollte er künstlerisch tätig sein und einfach nur
den hässlichen Krieg ankreiden? Schaut man sich das Video an,
und das muss man um mitzureden, sieht man in erster Linie ein
berechtigtes Anprangern. Krieg hat nur hässliche Seiten, im
Krieg geschehen unmenschliche Taten und der Krieg an sich, ist
völlig sinnlos. Nicht zuletzt nach dem Irakkonflikt tauchten
Szenen auf, die amerikanische Soldaten zeigten, wie sie ihre
Gefangenen mißhandelten und erniedrigten. Insofern sind selbst
"gebildete" Menschen aus dem westlichen Kulturkreis vor solchen
Schandtaten im Ernstfall nicht gefeiht. Vielleicht wollte Witt
Verrohung zeigen? Moral und Menschenrechte werden 2012 immer
zweitrangiger, das liest man jeden Tag in der Zeitung, wenn
hierzulande schon wieder irgendwo eine Mutter ihr Baby
umgebracht hat, statt vorher Verhütungsmittel benutzt zu
haben.
Im Video wurde aber eindeutig eine Grenze überschritten, denn
aktive Bundeswehrangehörige machen berechtigt Front gegen den
Streifen. Man hätte ja die Abzeichen im Video unkenntlich
machen können, und so pauschal die hässlichste Seite des
Krieges anprangern können, ohne Flagge zu zeigen. Im Blog
"Augen geradeaus", offen nicht nur für Bundeswehrangehörige,
wird dazu Stellung genommen. Auch Spiegel und Stern äußern sich
schon zum Thema. Letztendlich hat Witt und sein Videoregisseur
Specter vielleicht die falsche Seite beschuldigt, statt uns
allen den Spiegel vorzuhalten? Um eines klar zu machen: Wir
wollen jetzt wirklich nicht Partei für die Bundeswehr
ergreifen...
EF
Das Video selber findet Ihr hier, Eure Meinung dazu würde uns
interessieren!
BLOG AUGEN
GERADEAUS
Zum Schluss noch die Rezi zum neuen Witt Album "Dom" aus
unserer letzten .rcn-Ausgabe.
MELANCHOLIE-POP-WAVE
JOACHIM WITT
DOM
COLUMBIA / SONY
Für manche ist Joachim Witt nicht mehr und nicht weniger als
der Papa von Unheilig und Co., für andere ein alternder
Musiker, der noch heute für seinen goldenen Reiter und die
Flut, die er uns brachte, bekannt ist, aber ansonsten in den
vergangenen Jahren nur noch quere, kontrovers aufgenommene und
mäßige Platten produziert hat. Es darf bezweifelt werden, ob
„Dom“ für Witt die erneute Wende zum Erfolg darstellt. Geboten
wird melancholischer Pop ohne wirklichen Höhepunkt, bei welchem
Witt mit seiner leicht zitternden rauen Stimme von seinen
Backgroundmusikern problemlos an die Wand gesungen wird. Ganz
nett, mehr nicht. TA
5 von 9 Punkten