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FLORIAN WEBER (SPORTFREUNDE STILLER) IM INTERVIEW ÜBER SEIN NEUES BUCH

Am 24. März 2022 hat Flo von den Sportfreunden Stiller im Statti in Schweinfurt seinen dritten Roman vorgestellt. Unser Kollege Wolle Hanke hat sich mit ihm unterhalten. Dabei kam auch heraus, dass die neue Sportis-Scheibe in der Mache ist, die Band bei Rock im Park spielen wird und am 28. September 2022 im E-Werk in Erlangen spielen wird…
FLORIAN WEBER (SPORTFREUNDE STILLER) IM INTERVIEW ÜBER SEIN NEUES BUCH
„Die wundersame Ästhetik der Schonhaltung beim Ertrinken“ heißt der neue Roman von Florian Weber. Den kennt man eigentlich vor allem als Schlagzeuger von SPORTFREUNDE STILLER, der gerne auch nach vorne an den Bühnenrand drängt. Aber seit einigen Jahren hat der gebürtige Schrobenhausener seine Lust am Formulieren entdeckt. Mit seinem neuen Buch geht er zum ersten Mal auf große Lesereise kreuz und quer durch Deutschland. Am 24. März machte er Station im Stattbahnhof in Schweinfurt.

Der Roman startet mit einer bizarren Ausgangssituation. Der Protagonist Heinrich Pohl treibt auf einer Kühlbox mitten im Atlantik und kann sich an nichts erinnern, als er aufwacht. Unzählige Meilen vom rettenden Ufer entfernt. Neben ihm ein bewusstloser Clown und ein Lama, das ihn umkreist. Nach und nach kommt die Erinnerung zurück und damit die Erkenntnis, wie er in diese lebensbedrohliche Situation gekommen ist. „Ich saß mal im Flugzeug und hatte zu diesem Zeitpunkt noch große Flugangst“, erzählt der Autor. „Dann habe ich mich irgendwann getraut, aus dem Fenster zu schauen und meinte jemanden gesehen zu haben, der dort im Mittelmeer in den Wellen treibt. Und unser Bassist Rüdiger, der neben mir saß, meinte nur trocken: Du wirst von hier oben nicht einmal ein Schiff erkennen. Daraus ist die Anfangsidee vom Mann im Meer entstanden.“

Eine Ausgangssituation, die spontan an Yann Martels Roman „Schiffbruch mit Tiger“ erinnert, in dem der Sohn eines Zoodirektors auf offenem Meer gemeinsam mit einem Tiger in einem Rettungsboot treibt. Der kanadische Bestseller war aber keine Inspiration, obwohl er das Buch gerne gelesen hat, sagt Florian. Aus der Geschichte um den Schiffbrüchigen und seine Begleiter entwickelt Weber in seinem Roman eine tragische Familiengeschichte, eine Auseinandersetzung mit Krankheit und Tod und den Versuch, das Erstrebenswerte des Lebens aufzusaugen, wie er sagt. „Ich habe eigentlich immer eine Idee mit der ich anfange, ohne vorher zu wissen, wie die Geschichte enden wird“, erklärt Florian Weber seine Herangehensweise. „So hangele ich mich von Baustelle zu Baustelle und irgendwann nimmt das große Ganze Form an. Spätestens ab der Mitte des Textes weiß ich dann, wo die Reise hingeht.“

Inspiration für seine Ideen bietet ihm stets das alltägliche Leben. Situationen, in die er gerät oder Kleinigkeiten, die er aufschnappt. Zum Beispiel resultiert der sperrige Titel des Buches aus einer Situation auf der Bühne. Besser gesagt aus einem kurzen Dialog zwischen ihm am Schlagzeug und dem Sportfreunde-Bassisten Rüdiger. „Er hat sich so lahm bewegt und ich habe ihn angebrüllt, er solle jetzt endlich mal abgehen“, erzählt Florian und lacht. „Dann hat er sich den Rücken gehalten und gesagt: Das ist die Ästhetik der Schonhaltung! Weil er Schmerzen hatte. Die Formulierung fand ich einfach super und sie hat perfekt zu meinem Protagonisten gepasst. Der muss auch seine Schonhaltung verlassen, um sich mit seinem Onkel auf die Reise nach Amerika zu begeben.“ Florian war selbst anfangs skeptisch wegen des Buchtitels, hat aber dann vom Verlag Rückenwind bekommen. Immerhin gibt es ja auch ein sehr erfolgreiches Buch, das „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ heißt. Florian Weber hat lange überhaupt keine Bücher gelesen, verrät er im Interview. Erst im Studium hat ihn seine Schwester auf den Geschmack gebracht, mit der er damals zusammengewohnt hat. Er sei war auch immer furchtbar schlecht in Deutsch gewesen, sagt er. Für Weber ist „Die wundersame Ästhetik der Schonhaltung beim Ertrinken“ schon der dritte Roman.

2006 hat er seinen Debütroman „You´ll Never Walk Alone“ veröffentlicht. Eine Geschichte über Fußball und Musik. Sechs Jahre später folgte mit „Grimms Erben“ sein zweiter Roman - eine Collage, in der er mit verschiedenen Märchenmotiven spielt - und jetzt eben die Familiengeschichte mit tragischem Ende. Drei Bücher, die unterschiedlicher nicht sein könnten. „Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich kein gelernter Schriftsteller bin“, meint der Autor und Musiker. „Eine charakteristischen Stil, an dem man meine Bücher sofort erkennt, habe ich noch nicht gefunden. Aber so arbeite ich als Künstler eben, ich will alles ausprobieren. Ich will eine schöne Idee haben und dieser dann folgen. Da steckt kein Kalkül dahinter.“ Webers Romane sind im besten Sinne unterhaltsam. Als Leser folgt man der Fährte gerne, die der Autor legt und freut sich dann über das überraschende Ergebnis.

Genauso überraschend kam die Nachricht vom Comeback von Sportfreunde Stiller. Fünf lange Jahre war es sehr still um die Münchner Indie-Popper. Dieses Jahr steht ein neues Album und eine Tour auf dem Programm. „Ich hatte immer Lust auf Musik, aber es gab einfach unterschiedliche Auffassungen in der Band. Andere brauchten einfach mal eine Pause und mehr Zeit für die Familie“, erklärt der Schlagzeuger die lange Bandpause. Er selbst hat sich in dieser Zeit mit anderen Projekten wie dem Noise-Rock-Duo Taskete! und seinem Hip-Hop-Soloprojekt MS Flinte beschäftigt oder seine eigene Radiosendung beim BR-Jugendformat Puls moderiert. Sänger Peter Brugger hat sich ans Schlagzeug gesetzt und im Dezember mit seinem Nebenprojekt Allmšik sein Debütalbum aufgenommen. Mit Moderator Hannes Ringlstetter am Akkordeon und dem Münchner Veranstalter Till Hoffmann an der Gitarre. Jetzt geht es aber mit den Sportfreunden wieder los. Mit Produzent Tobias Kuhn, dem Sänger und Gitarristen der wohl bekanntesten Würzburger Popband Miles, war die Band im Studio und hat 13 neue Songs eingespielt. „Es wird kein typisches Sportfreunde-Album“, verrät Florian. „Es gibt neuartige Töne, von denen wir selbst überrascht waren, wie gut die klingen.“ Das Songwriting teilen sich Sänger Peter Brugger und Florian Weber etwa zu gleichen Teile auf. Das betrifft natürlich auch die Texte. Im Sommer sind Sportfreunde auf großen Festivals wie Rock im Park in Nürnberg zu Gast, spielen in der Münchner Olympiahalle im Vorprogramm von Herbert Grönemeyer und im September gehen sie dann selbst auf Tour.

Unter anderem gastieren sie am 28. September im E-Werk in Erlangen. Jetzt freut sich Florian Weber aber erstmal auf seine Lesereise mit insgesamt 15 Stationen. Wenn er am 24. März im Schweinfurter Stattbahnhof zu Gast ist, freut er sich außerdem auf Besuch von seiner Verwandtschaft. Denn seine Frau stammt aus Humprechtshausen im Landkreis Haßberge. Dort ist der prominente Musiker natürlich regelmäßig zu Besuch und trainiert dann sogar beim VfB Humprechtshausen mit. So findet er immer die wichtige Balance zwischen seinen Leidenschaften Musik, Literatur, Sport und natürlich seiner Familie. „Die Schriftstellerei ist ein wunderbarer Ausgleich für mich“, sagt er am Ende des Interviews. „Aber trotzdem ist immer genug Zeit für die Musik. Als Standbein würde ich es nicht bezeichnen, denn ich könnte vom Schreiben nicht meine Familie ernähren. Ich bin sehr glücklich, dass ich meine Geschichten überhaupt veröffentlichen darf.“ Florian Weber hat auch schon wieder die Idee für ein neues Buch, worum es dabei geht, will er aber noch nicht verraten. Auf jeden Fall soll es nicht wieder zehn Jahre dauern, bis es erscheint, verspricht er und grinst.

Wolfram Hanke