INTERVIEW MIT
JOHANNA
SOLUMAA VON INDICA
Die fünf Mädels von Indica sind Finninnen. Glücklicherweise
treffen von den fünf oben beschrieben Klischees dann doch nur
höchstens vier der fünf teilweise zu. Nur Klischee Nummero zwo
lässt ein bestehendes Vorurteil endgültig zur Realität
erstarren. Diese „Girls“-Band, die in ihrer skandinavischen
Heimat seit ihrer Gründung 2001 mit ihren vier ausschließlich
in ihrer Landessprache aufgenommenen Alben, schon ein paar
goldene und platinfarbene Scheiben an den heimischen Holzwänden
hängen hat, ist einfach ein wahrer Augenschmaus, der uns
zukünftig, angefangen bei Rock im Park Anfang Juni, auch auf
deutschen Bühnen gelegentlich „heimsuchen“ wird.
Songschreiberin, Sängerin und Multiinstrumentalistin Johanna
Solumaa, kurz Jonsu, stand zum englischsprachigen Debüt der
Band rcn. hierzu Rede und Antwort, auch wenn die Antworten,
typisch Finnisch eben, doch ab und an, etwas knapp
ausfielen.
rcn.: Eine reine Mädelsband gehört zu den
wirklichen Ausnahmen im rockigeren Bereich. Was ist eigentlich
die Geschichte hinter Indica und ihren
Mitgliedern?
Jonsu: Ich weiß nicht, ob unsere Musik als so rockig gelten
kann. Wir versuchen eigentlich nur Musik zu kreieren, die nach
uns klingt.
Wie wurde die Band denn eigentlich
gegründet?
Ich und Heini, unsere Bassistin, waren schon als Kinder
befreundet und mit allen anderen Bandmitgliedern waren wir dann
auf der Schule, wo wir schließlich auch die Band gegründet
haben.
Was hattet ihr damals für Absichten? Wolltet ihr es
vielleicht den männlichen Mitschülern zeigen?
Ich denke nicht, dass wir mit irgendwem konkurrieren wollten
oder es auch jetzt tun. Wenn wir es jemanden zeigen wollen,
dann nur uns selbst. Wir haben immer versucht, Musik und
Geschichten zu erschaffen, welche eine Zuflucht vor all den
bösen Dingen dieser Welt darstellen.
Was in der Tat ganz gut klappt. Man kann durchaus
sagen, dass Euere Musik ein wenig nach vertonten Märchen für
Erwachsene klingt. Ist das ein Image mit dem ihr leben könnt?
Die Presse hat auch schon eine Bezeichnung für Euch gefunden:
„Mystic Romatic Pop“.
Ich denke, dass unsere Lieder tatsächlich so etwas wie Märchen
für Erwachsene darstellen, aber auch für Kinder und eigentlich
alle Alterklassen geeignet sind. Hauptsache der Zuhörer
empfindet Glück beim Hören. Uns hat auch schon einmal einer
gesagt, dass wir wie Disney auf Acid klingen. Ich sage wir sind
eher Alice im Wunderland ohne die Pilze.
Warum habt ihr Euch nach neun Jahren nicht
unerfolgreichem Bandleben erst jetzt entschlossen, Euch auch
außerhalb Finnlands zu präsentieren?
Es war einfach die perfekt Zeit dafür. Ich habe von vornherein
Songs auf Englisch und Finnisch komponiert, aber als wir die
Sprache für unser erstes Album aussuchen sollten, fanden wir,
dass sich Finnisch für uns natürlicher anhört. Plötzlich hatten
wir dann so viel Arbeit um die Ohren, dass es das erst einmal
war. Als Tuomas Holopainen von Nightwish uns dann erstmals mit
auf Tour durch Skandinavien und danach durch Europa nahm, kamen
immer mehr ausländische Fans auf uns zu, die gerne unsere Texte
auch verstanden hätten. Das war für uns das Signal – wir müssen
zukünftig auf Englisch singen und international werden. Von
Finnland haben wir mittlerweile ohnehin schon jeden Winkel
gesehen.
Habt ihr da nicht ein wenig Bammel davor, wie der
europäische Markt jetzt auf Euch reagiert?
Der Musikmarkt oder irgendwelche kommerziellen Aspekte machen
uns eigentlich nicht wirklich nervös. Ich denke, dass diese
Bedenken, Sache der Plattenfirma sind. Wir hoffen eigentlich
nur, dass die Leute ihre Freude an Indica haben werden.
Seid ihr dann wenigstens neugierig auf solche
Großereignisse wie Rock im Park, wo die Leute eigentlich eher
Spring-Break-Gefühle zelebrieren als wirklich auf die Musik der
Bands zu achten?
Egal, was passiert. Rock im Park wird sicherlich eine gute
Erfahrung für uns sein. Wir fühlen uns schon geehrt, dass wir
überhaupt die Chance haben, dort zu spielen.
Viele der Songs auf „A Way Away“ basieren in
aufgepeppter Art auf den Melodien von Liedern von Eueren
Finnischen Platten. Nachdem ich außer „Kioski“ und „Perkele“
kaum Finnische Wörter kenne: habt ihr die Lieder originalgetreu
übersetzt oder erzählt ihr auf Englisch nun neue
Geschichten?
Die Texte sind komplett neu. Wir haben allerdings versucht,
jeweils die gleiche Atmosphäre einzufangen, welche die
Finnischen Originaltexte hatten. Leider ist es nicht möglich
1:1 Übersetzungen anzufertigen ohne den poetischen Anschlag zu
ruinieren.
Erst kürzlich habt ihr auf dem Twilight Fan Event in
Berlin gespielt. Habt ihr da nicht Bedenken, dass ihr durch
solche Auftritte gleich von Anfang an von allen in die
Teenage-Mädels-Ecke gesteckt werdet?
Ich sehe keinen Grund dafür, warum wir davor Angst haben
sollten. Wenn jemand keinen Bock darauf hat, unsere Musik zu
hören, sehe ich auch keinen Grund dafür, warum er es tun
sollte.
Wie denkt ihr über den Twilight-Media Hype, der gerade
umgeht. War das in Finnland genauso?
Na klar. Wollen wir nicht alle für immer leben und Blut
trinken?
Die Ewigkeit kann für mich gerne noch ein wenig
warten. Mich interessiert eher Euere nähere
Zukunftsplanung.
Auf uns kommen jetzt erst einmal viele Auftritte,
Werbemaßnahmen und Reisen zu, nachdem unser neues Album am 25.
Juni erscheint. Ich hoffe nur, dass es den Leuten
gefällt.
Was ist nach Deiner Ansicht der Hauptunterschied
zwischen einer Band mit ausschließlich Frauen und einer
Männerband? Abgesehen davon, dass Männer eher seltener
schwanger werden können.
Ich glaube nicht, dass Jungs so biestig werden können, wenn
sie etwas ärgert. Darüber hinaus bedürfen Mädels ein wenig mehr
musikalischen Talents, um ihre Instrumente so gut zu
beherrschen wie ihre männlichen Pendants. Das liegt an den
kleineren Fingern. J
Welche Plätze würdest Du Leuten spontan vorschlagen,
die zum ersten Mal nach Finnland fahren?
Jonsu: Sie sollen aufs Land fahren und in einem See baden
gehen.... und das am besten im Sommer.
Saunieren ist Kult in Finnland? Auch für Euch?
Beschreib doch mal ein typisches Saunaritual.
Klar, auch für uns. Beschrieben ist das ganz einfach: Wir
heizen die Sauna auf 100 Grad hoch und schlagen uns dann
gegenseitig mit Ruten aus Birkenzweigen. Im Winter kann es dann
auch durchaus sein, dass wir mitten in einer Sauna-Sitzung in
den Schnee springen.
Eläkeläiset hat sich erst kürzlich um eine Nominierung
für den Eurovision Song Contest bemüht, haben es aber nicht
geschafft. Weißt Du warum?
Keine Ahnung!
Wäre das nicht etwas für Euch?
Ich glaube nicht, dass das unser Ding ist, obwohl wir alle
ABBA sehr mögen.
Für wie wichtig haltet ihr die neuen
Kommunikationsmedien wie facebook, twitter und Konsorten, um
mit Eueren Fans zu kommunizieren?
Die Fans möchten immer mit den Bands in Kontakt stehen. Egal
auf welchem Weg das dann passiert. Es ist gut, dass es diese
Foren in der Zwischenzeit einfacher machen.
Thorsten Adelhardt

NEUIGKEITEN/AKTUELLES EINZELANSICHT
INTERVIEW HEFT 139: INDICA
Lasst uns doch einmal alle Klischees und Vorurteile, die man in den mitteleuropäischen Breiten bei Skandinaviern und im Besonderen bei Finnen hat vorab rekapitulieren. Erstens: Finnen sind immer sturzbetrunken, wenn sich ihnen eine Gelegenheit hierzu bietet. Gute Beispiele hierfür sind: Sonnenuntergang, Feierabend und Wochenenden. Zweitens: Finnische Mädels sind durch die Bank hübsch. Männer sehen aus wie Lordi ohne Maske. Drittens: Ohne Sauna, in der die Finnen sonderbaren Ritualen nachgehen, würden sich Finnen nie waschen oder vielleicht sogar aussterben. Viertens: Jeder in Finnland singt oder spielt wenigstens ein Instrument. Fünftens: Finnen haben eine komische Sprache mit 15 Fällen und reden deswegen nur langsam, wenn man ihnen eine Pistole an die Brust setzt oder wenn sie unter dem unter erstens beschriebenen Zustand stehen (dann allerdings etwas schneller, dafür noch unverständlicher). Ansonsten sind sie eher einsilbig.
