WALISER KONZEPT-BRITPOP
JAMES DEAN BRADFIELD
EVEN IN EXILE
MONTYRAY / MEMBRAN
(VÖ: 14.08.2020)
Machen wir es kurz: So wie auch die Waliser Rockband Manic
Street Preachers auf ihren Alben, so verbindet auch ihr
Gitarrist und Sänger James Dean Bradfield wunderschöne
Indierockmelodien mit engagierten Texten und seiner
glockenklaren Stimme. Politisches Engagement gehört bei ihnen
dazu, wer die Band mit Punkvergangenheit mag, wird auch dieses
etwas softere Soloalbum mögen. Das ruhig bis leicht forsche
Werk trägt einen mit Akustikgitarre, Piano und bei einigen
Songs etwas heftiger mit klassischem Rockband-Besteck
musikalisch meist zuckersüß weg in einen Tagtraum. Wie immer
geht es textlich aber zur Sache, die Manic Street Preachers
haben in ihrer Spätphase immer tolle Popsongs geschrieben, die
meist bitter-kritische Texte in sich trugen. Der klassische
Wolf im Schafspelz. Bradfield würdigt hier auf seinem Soloalbum
den chilenischen Singer/Songwriter und Politaktivisten Victor
Jara. Der war sich zuerst 1972 unsicher, ob er von einer
Auslandstournee zurück nach Chile in die Diktatur kehren
sollte. Es drohte Verhaftung, da er in seinen Songs gegen das
damalige Regime ansang. Als er sich dann schließlich wieder für
seine Heimat entschied, wurde er hernach abgeführt und in einem
Fußballstadion gebracht, wo ihm zunächst alle Finger gebrochen
wurden und er danach mit 44 Schüssen hingerichtet wurde.
Bradfield mahnt auf „Even In Exile“ mit gesungenen Texten von
Patrick Jones (Bruder von Bradfields Bandkollegen Nicky Wire)
dem Märtyrer Jara, der lieber starb, als darauf zu verzichten,
über die Wahrheit zu singen. Und stellt sich selbst die Frage,
ob er ähnliches tun würde. Diese Platte ist ein Wolf im
Schafspelz: Kommerziell instrumentiert und komponiert, aber mit
einem unsagbar traurigem Musikerschicksal als Text-Konzept.
EF
7 von 9 Punkten