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CD REZI: TOM WAITS, BAD AS ME

CD REZI: TOM WAITS, BAD AS ME


TOM WAITS
BAD AS ME
ANTI-EPITAPH / INDIGO

Es gibt nur wenige Sachen, die sich nie ändern werden: Der Club wird immer der beste Fußballverein der Welt sein, ein Toast brennt an, wenn man ihn zu lange toastet und ein Tom Waits-Album wird immer ein Tom Waits-Album sein. Sieben lange Jahre hat der grummelnde Sonderling diesmal gebraucht, bis mit „Bad As Me“ nach diversen Archiv-Plünderungen ein neues Studioalbum fertig war. Und inzwischen ist die Songschmiede vom „Hellboy des Blues“ zum Familienbetrieb geworden. Ehefrau Kathleen Brennan war maßgeblich beim Songwriting und als Produzentin beteiligt. Sohn Casey saß am Schlagzeug. Und zu allem Überfluss ließ sich noch der eine oder andere prominente Musikerkollege im Studio blicken: Flea (RHCP), Les Claypool (Primus) oder Keith Richards (Rolling Stones). Und das 17. Studioalbum von Waits hat alles, was ein Tom Waits-Album braucht: wütende Anti-Kriegs-Songs, melancholische Säuferballaden oder holprige Kneipenblues-Nummern. Ein Fest, nicht für Waits-Fans.
Wolfram Hanke  8 von 9 Punkten

In einer Zeit der musikalischen Gleichschaltung kommt ein Antiheld wie Tom Waits dem Liebhaber avantgardistischer Klänge immer sehr gelegen. Sobald er zu singen beginnt, weiß man sofort Bescheid: Das klingt wie ein Besoffener mit Halsentzündung, der gerne ein schwarzer Bluessänger sein möchte, kann also nur Tom Waits sein. Man kann meckern was man will, er ist und bleibt einfach eine coole Sau, denn wer mit seinem Röchelgesang klar kommt, wird nie eine andere Beschallung dulden, wenn man sich in der nächsten Bar gepflegt wegen Trouble mit Partner(in) oder aus Weltschmerz einen hinter die Binde kippt. Die neue Scheibe ist auch im Gegensatz zu der Spoken-Word-Live-Veröffentlichung „Glitter And Doom Live“ zuletzt besser hörbar, statt Herrenwitze vor Publikum zu erzählen, erfreuen uns diesmal ein paar knallhart draufklopfenden Bluesnummern wie „Satisfied“ oder „Bad As Me“ und als Ausgleich herzzerreißenden Balladen wie „Pay Me“ oder „New Year’s Eve“. Wer den bisweilen sehr knarzigen Waits kennt, für den wird die Platte alle Erwartungen erfüllen und dem Neuling sicher auch Horizonte öffnen. Zumal man ihn als Gesamtkunstwerk sehen sollte, da er ja auch schauspielert und Filmmusik liefert. Von letzterer hat seine neue Platte wieder viel, im Kopfkino erscheint bei mir sofort Humphrey Bogart in Schwarzweiss, wie er gerade mit einer Dame an der Bar sitzt. Eigentlich könnte er auf seinen Konzerten einfach eine Bar auf die Bühne stellen und die Musiker Drumherum positionieren. Und das ewige Gesetz gilt als Fazit: Wer Dissonanz hasst und von Haus aus eher der intolerante Harmoniepapst ist, der sollte Tom Waits fern bleiben. Seinen Fans braucht man das nicht erklären, denn die schätzen seine Kantigkeit. Wer einen alten Käfer fährt, der verzichtet doch auch für das kantige Fahrgefühl auf verstellbare Außenspiegel, ökonomischen Verbrauch und annähernd spürbare Beschleunigung, oder?