...unsere Spürnase Wolle Hanke hat sich in Schweinfurt auf der Party des Audiolith-Labels mal umgesehen. Die neue Jugendbewegung? Alkohol und Suff statt Protest? Lest selber...
Audiolith-Party mit Frittenbude, Egotronic und Ira
Atari – Stattbahnhof, Schweinfurt, 29.07.2010
Audiolith ist ein Phänomen. Das Hamburger Elektro-Label hatte
im Schweinfurter Stattbahnhof zum Tanz in den Ferienbeginn
geladen. Und 700 Teenies aus aller Herren Länder kamen und
flippten aus. Die Ordner am Eingang kamen mit dem Einsammeln
der Personalausweise kaum nach. Mädchen mit Zahnspangen,
Röhrenjeans und BH ließen sich klatschnass über die Menge
tragen. Jungs mit neonfarbenen Sonnenbrillen und T-Shirts mit
großen leuchtenden Buchstaben machten die Tanzfläche zum
Hexenkessel. Dort wo sonst sägende Gitarren und scheppernde
Becken regieren, machten sich pumpende Beats und quieckende
Synthies breit. Den Anfang bei der School’s Out-Party machten
Ira Atari, die aber mit massiven technischen Problemen zu
kämpfen hatten. Wenn der Laptop streikt, ist der Elektropunk
eben aufgeschmissen.
Besser machten es Egotronic aus Berlin, die schon fast als
Grand Seigneurs der Szene gelten. Torsun und seine beiden
Assistenten bringen den Saal mit ihrer antideutschen
Tanzveranstaltung schon nach wenigen Minuten zum Kochen. „Raven
gegen Deutschland“ ist der größte Hit und auch das Motto des
Auftritts. Die meisten Texte werden von der partysüchtigen
Meute allerdings kaum wahrgenommen. Das Problem ist: nach einer
Viertelstunde ist das kreative Potential der Band erschöpft.
Die Beats wiederholen sich, die stumpfen Rhythmen könnten auch
von Scooter stammen.
Mehr Abwechslung bieten Frittenbude aus München. Ihr Sound ist
variabler und druckvoller. Das größtenteils minderjährige
Publikum tobt, der Luftraum am Bühnenrand droht wegen
Überfüllung geschlossen zu werden. Sänger Johannes Rögner
betätigt sich als Fluglotse und mahnt zur Vorsicht. Für einen
kurzen Moment kommt beim Liebeslied „Bilder mit Katze“ sogar
romantische Stimmung auf, bevor die Band mit Hits wie
„Pandabär“, „Raveland“ oder „Mindestens in 1000 Jahren“ wieder
abräumt. Wenn die Musik nicht wäre, könnte man sich fast bei
einem Punkrock-Konzert wähnen.
Vielleicht ist das ja der Punkrock der Zukunft? Dann hätte
Audiolith den Stellenwert von Epitaph und Frittenbude wären Bad
Religion. Die Attitüde der neuen Punkrocker erschöpft sich
allerdings auf Protest gegen die Langeweile. Dann doch lieber
Social Distortion…
Wolfram Hanke