HAUSFRAUEN ROCK
GOTTHARD
SILVER
G-RECORDS – PIAS / ROUGH TRADE
Es ist nicht alles Gold was glänzt … manchmal ist es auch
weiches Silber. Nach 25 Jahren mit deutlichen Abnutzungen an
der Oberfläche. Diese werden im Falle von Gotthards Jubiläums
Silberling „Silver“ mit reichlich Hammondorgel übertüncht.
Nicht nur hier und da, nein, es orgelt so weit das Ohr reicht
und das gleich zu Beginn. Hier jedoch noch im durchaus
akzeptablen Deep Purple-Style. Doch leider fällt der Orgel auch
viel Gutes zum Opfer, so auch manchmal Vocals und Riffs. Einst
mit dem Yoda der Hammond Orgel, Jon Lord, live aufgetreten zu
sein, ist halt kein Freibrief für dauerorgeln. Starten noch
viele Songs mit einfallsreichen Intros, versinkt die erste
Begeisterung bald im Sumpf des Gewohnten. Es reißt einen als
altgedienter Fan nur sehr phasenweise mit und so gut wie nicht
vom Hocker. Nic Maeder´s Stimme begeistert in seiner Intensität
vor allem bei „Miss Me“. „Tequila Symphony No. 5“ bedient sich
frech bei Altmeister Beethoven – tut das Not? Einfältig ist das
Album sicher nicht, es lebt von einfühlsamen Rock-Balladen und
im Ansatz dynamischen Rocksongs, also grad was für die Hausfrau
… eine Kritik, die der Band ja nicht neu ist. Zu guter letzt
kommt noch mal Schwung in abgestumpfte Gehörgänge mit „Blame On
Me“. Anspieltipp wären „My Oh My“ und vielleicht noch
„Electrified“, mit dem Hinweis, dass diese Songs nicht dem
Standard des Albums entsprechen.
Leoni ist live nicht sehenswert, weniger denn je hörenswert
sind seine uralt Vocal Effekte, eine solide Bassline von Lynn
ist mit Habegger´s Drums eine gute Basis, die lediglich von
Scherer qualitativ auf sechs Saiten bespielt wird. Hier darf
Chris von Rohr zitiert werden: Eine Schulband mit (ehemals)
Weltklassesänger. Maeder darf viel zu selten gut hörbar sein
und es mangelt ihm einfach an Charisma. Mit Steve Lee ging so
viel mehr als ein Sänger, ein Bruder im Geiste, einer der
liebenswertesten Menschen verloren … er verkörperte Gotthard.
Vielleicht wäre ein Neuanfang unter neuem Namen sinnvoller
gewesen, um hohe Erwartungen zu umgehen. Auf dem ersten Bonus
Track, „Walk On“ haut Nicolo Fragile noch einmal voll in die
Tasten, bei allem Lamentieren über so viel Tasteneinsatz soll
nicht unerwähnt bleiben, wie talentiert er dennoch ist. DER
Knaller, DAS Vorbild, wie das GANZE Album hätte tönen sollen
dürfen müssen, ist der zweite Bonus Track: „Customized Lovin“
…wenigstens hebt es einen dann doch noch aus dem Stuhl, Brain
Shaker zwischen den Ohren … so muss das sein, Jungs! Der local
hero im Rahmen der Produktion, Erlangens Charlie Bauerfeind,
liefert eine ihm entsprechende solide Co-Produktion mit Leo
Leonie ab. An den Reglern ist Leonie gut aufgehoben. 25 Jahre
Gotthard hätte mehr verdient, die Latte lag hoch, doch es hört
sich ein wenig so an, als wäre die Luft raus. Ein Sturz in die
Belanglosigkeit, zu spät und zu wenig vom Vertrieb beworben.
Auch Unterstützer der allerersten Stunde wurden erst einen Tag
nach Release bemustert – vielleicht auch aus gutem Grund. Erst
kaufen, dann über Risiken und Nebenwirkungen lesen.
CC
6 von 9 Punkten
