Wer Popcornkino mit Kurzweil mag, der kommt natürlich nicht
ganz auf seine Kosten, der Film ist eher etwas für Freunde
bitterböser Satire mit politischer Färbung und einer
interessanten Entstehungsgeschichte. Ein Teil der
Produktionskosten wurde durch Finanzierung durch potentieller
Fans über das Internet bestritten, die u.a. auch Vorschläge für
die Handlung geben durften. Vielleicht ein Grund, warum es mit
dem Fluß der Handlung manchmal kurzzeitig etwas hakt. Trotzdem
und letztendlich ein runder Film mit Kultpotential, den man
sich später auch unbedingt auf Bluray holen sollte.
Auch die Hauptrolle der Renate Richter ist für Julia Dietze
vielleicht ein Nümmerchen zu groß, Udo Kier als
Gröfaz-Nachfolger und vor allem Götz Otto als Junior-Gröfaz und
intriganter Macht-Macho brillieren, während die Musik dazu
kultig und passend von den Balkan-Wagner-Wavern von Laibach
kommt. Die Tricks sind brilliant gemacht und sauber arrangiert.
Technisches Wermutströpfchen: Irgendwie vergessen fast alle
Sci-Fi-Filmmacher, dass es auf dem Mond ja viel weniger
Schwerkraft gibt... wo ist die bei den Innenszenen der
Nazi-Bunker auf dem Mond?
Ansonsten offenbart Iron Sky vordergründig, wie leicht sich
aus der martialischen Naziideologie Gags zaubern lassen, der
Film gewinnt aber vor allem dadurch, wie sich die momentanen
Großmächte verhalten würden, wenn plötzlich tatsächlich die in
Verschwörungstheorien oft zitierten verschollenen Altnazis
auftauchen und zum Angriff übergehen würden. Grandioser Unsinn,
weiter gesponnen.
Im Film wird das einfach gelöst. Die amerikanische Präsidentin
will 2018 wiedergewählt werden. Das Wahlkampfteam wird von
Vivian Wagner angeführt. Zunächst schickt die Präsidentin, die
Sarah "Tea Party" Palin natürlich erstaunlich ähnlich sieht,
einen farbigen Landsmann namens James Washington quasi als
Wahlpropaganda zur Identifikation für potentiellen farbigen
Wähler unter dem Banner "Yes, she can" auf die Rückseite des
Mondes. Dort reißt der Kontakt ab, in Wirklichkeit haben sich
dort die Nazis seit dem Krieg versteckt und basteln mit antiker
Steampunk-Technik an einer Invasionsflotte für die Rückkehr zur
Erde. Washington wird gefangen genommen, einer Art
Michael-Jackson-Bleiche ("Albinisierung") unterzogen und soll
als Mittelsmann den Kontakt bei einer Erkundungsmission durch
den Mond-Führernachfolger Adler zur USA herstellen.
Die "Reichsflugscheiben" greifen die Erde an, werden dann aber durch ihre veraltete Technik schnell vom Himmel geholt..."
Zentrale Rolle spielt die Nazi-Lehrerin und Vorzeigefrau
Renate Richter, gespielt durch Julia Dietze, die sich prompt in
Washington verliebt und im Verlauf des Filmes merkt, dass die
braune Ideologie keine Zukunft hat und auf der Erde erst recht
keine hatte. Und hat. Sie schmuggelt sich auch in die
sogennante Reichsflugscheibe der Erdmission Adlers. Die landet
vor den Toren New York - ausgerechnet in einem Hanffeld - und
schon gibt es den ersten toten Nazi, denn das Feld gehört einer
amerikanischen Staatsbürgerin, und die darf sich und ihre Babys
schließlich jederzeit mit der standesgemäßen Schusswaffe
verteidigen, bzw. ihr Cannabis schützen.
Im weiteren Verlauf spielt dann Charlie Chaplins "Der große
Diktator"-Film eine Rolle, die Nazis greifen auch die Erde an
und Nordkorea gibt im UN-Sicherheitsrat zu, hinter der Attacke
vom Mond zu stecken. Denn ihr großer Führer hat die Untertassen
selbstverständlich selber alle gebaut. Am besten verwurstet ist
aber die finale Behauptung der Amerikaner, die Helium
3-Rohstoffe der gemeinsam besiegten Nazis auf dem Mond gehören
allein der USA. Intern wird sofort kolportiert, diese würden ja
den Energiehunger der Nation auf 1000 Jahre sichern. Nach außen
natürlich nicht, was zu einer Keilerei im Sicherheitsrat führt,
denn kein Land nimmt die Amis mittlerweile ernst und glaubt die
hehren Ziele der Supermacht. Grund für die amerikanischen
Ansprüche auf das Helium 3? Auf dem Mond stehe schließlich noch
die amerikanische Flagge der Apollo-Missionen und der Trabant
sei samt Rohstoffen also somit in US-Besitz.
Der Film persifliert vom Smartphone bis zum Größenwahn des
dritten Reiches und über die verlogene US-Wahlkampffinanzierung
so ziemlich alles zeitgemäße Zipperlein und läßt natürlich das
Produktionsland Finnland super da stehen: Sie haben als einzige
Nation 2018 ihre Raumstation nicht bewaffnet. Der Schluß ist
dann aber sehr ernst: Zeigt er doch, dass sich die Menschheit
auch 2018 weniger auf den Frieden als gemeinsamen Nenner
einigen kann und nach der Beseitigung der Nazis Raffgier und
Neid regieren, was dann auch zum Untergang der Titanic
respektive der Erde am Schluß des Films führt.
Deutscher Titel Iron Sky
Originaltitel Iron Sky
Produktionsland Finnland, Deutschland, Australien
Originalsprache Englisch, Deutsch
Erscheinungsjahr 2012
Länge 92 Minuten
Altersfreigabe FSK 12