Das liegt wohl daran, dass das
Festival death-, black- und paganlastig ausgerichtet ist.
Die Ticketpreise sind mit 65€ (Camping inklusive) absolut ok
und auch die Versorgung auf dem Platz ist abwechslungsreich und
bezahlbar. Den Organisatoren darf man erneut ein dickes Lob
aussprechen. Hier sind Profis am Werk, die wissen, was ihnen
ihre Besucher wert sind. Danke für die Spülklos im V.I.P.
Bereich!
Der Raum vor den großen Bühnen ist optimal befestigt, Matsch
(bis Mittwoch regnet es) beim Eingang und im Zelt wird
größtenteils von Hackschnitzeln aufgenommen. Es hätten gerne
mehr sein dürfen, der Gestank in diesen Bereichen ist bereits
am zweiten Tag infernalisch. Tipp für andere Muffelecken:
Vielleicht könnten auf dem Campingplatz zukünftig Pissrinnen
wenigstens einen Teil der Jungs davon abhalten, wie die Köter
überall hemmungslos hinzuschiffen.
Die Security agiert kompetent und
freundlich, das Mitbringen von 0,5l PET auf´s Gelände ist
erlaubt. So weit cool.
Warum wir nicht alles sehen können
und darum die Auswahl subjektiv begrenzt ist, erklärt sich
durch 3 reguläre und eine Zigarettenmarken gesponserte
Nebenbühne, auf der Coverbands ihr Glück versuchen (erfreuliche
Ausnahme: BRESCHDLENG – Hardcore aus Backnang) und spät nachts
Aftershowpartys bis in den Morgen stattfinden. Überflüssig,
bitte 2011 abschaffen.
Headliner sind bereits am Mittwoch
RAGE und UNLEASHED im Partyzelt, leider bei schlechtem
Sound.
Am Donnerstag sehen wir NAPALM DEATH auf der Hauptbühne (immer
gut), OBITUARY (hammergeil) und die letzten Minuten von SUBWAY
TO SALLY (überbewertet). TRYPTIKON erfüllen im Zelt unsere
Erwartungen voll, ihren Set veredeln die Jungs und die
Bassistin um Tom G. Warrior mit zwei Klassikern von Celtic
Frost (Vorgängerband). Die schrulligen Chicagoer MACABRE sind
so fit an ihren Instrumenten, dass man sich nach 25 Jahren
Murdermetal fragt, warum sie nicht Prog spielen. Stories gibt
es zwar (leider) genug, in der musikalischen Umsetzung können
die Mordbuben aber nicht an ihre alten Sachen ran.
NECROPHAGIST, THE DEVIL´S BLOOD und AHAB (es wird kalt und
spät), wollen wir gerne zum einschlafen hören. Leider bekommen
wir absolut nichts mit, weil ein überambitionierter DJ oben
genannte Kippenbühne mit Metalschrott zudröhnt und auf dem
Campingplatz von den Bands nichts mehr ankommt.
Der Freitag beginnt belanglos, immerhin aber sind die Bands nun gut auf dem Campingplatz gut zu hören, kein Grund also, verfrüht aufzubrechen. Gegen 16:00 Uhr schleppen wir uns in den Fotograben der Mainstage zu ENSIFERUM und werden mit einem tollen Set belohnt, der erwartungsgemäß super ankommt. ANATHEMA nutzen danach auf der Painstage ihren Backkatalog und wissen zu punkten, obwohl sie sich von Metallern mit ihrem neuen Album so richtig weit entfernt haben. KYLESA fesseln das Publikum der Partystage mit hoher Spielfreude und sehr gutem Sound. Klasse! Um es gleich vorweg zu nehmen: Zum Highlight des Festivals wird für uns in dieser Nacht eine ähnlich exotische Kiste: LONG DISTANCE CALLING. Ab 3:00 Uhr wachsen die Münsteraner völlig über sich hinaus. Sie versetzen ein extrem gut gefülltes Zelt mit ihrem hypnotischen Postrock-Sludge in Trance. Hut ab. GORGOROTH, WATAIN (Black Metal), HAIL OF BULLETS (Death Metal), GWAR (unbeschreiblich witzige Kostüm- und Kunstblutorgie), sowie ORPHANED LAND (eine für konfessionsübergreifende Völkerverständigung eintretende Band aus Israel) sorgen des Weiteren für Gänsehaut oder wahlweise gute Laune.
Am Samstag hätten HACRIDE (französischer Prog), THE FORESHADOWING (Doom) und UNDERTOW (straight-grooviger Teutonenmetal) sicher einen erstklassigen Start hingelegt, es ist aber einfach erneut zu früh zum Moshen. Als wir dann auch wach sind, nerven VAN CANTO mit unsauberem Gesang (geht a cappella gar nicht) und komplett überflüssige FREIWILD aus Südtirol volkstümeln mit blödsinniger Anbiederei in billiger Onkelz Manier vor einem willigen Haufen Zuhörer. Trällerliese Liv Kristine von LEAVES EYES treibt uns sodann Tränen in die Augen, bei EISBRECHER heulen wir aus Verzweiflung. Der Tag wird endlich gerettet von POISON BLACK. Der Sänger der aufgelösten Sentenced Ville Laihiala scheint nüchtern zu sein und rockt die Painstage. Die isländischen SOLSTAFIR fesseln derweil mit einer Mischung aus Psychedelic Rock und Viking Metal das Partyzelt. Wo sich der Morgen zog wie Kaugummi, folgen nun Acts im Erdrutschtempo. Auf die deutschen Power Metaller REBELLION, die Pagan Urgesteine MANEGARM, die Spaßfolkloristen KORPIKLAANI und die einzigen Thrasher des Festivals WARBRINGER aus den Staaten folgt ein Novum: Mit Bülent Ceylan entert erstmals ein Comedian die Mainstage eines Metal Festivals und nimmt - ultra sympathisch - das Publikum, sich selbst und die Musik auf die Schippe. Nette Überraschung! Mit SICK OF IT ALL kehrt die seriöse Seite des Metal zurück. Ein unglaublich agiler Peter Koller (Ü 45) flitzt über die Bretter, dass man manch jugendlichem Jammerlappen (mit-tut-alles-weh) gleich eine überziehen möchte. Den Abschluss bilden DARK FUNERAL (Black Metal), unsägliche CHILDREN OF BODOM (fuckyouthefuckingmotherfuck) und solide MY DYING BRIDE, die wohltuend ältere Songs im Gepäck haben. Wieder erstarkte ASPHYX (Death Metal), seit 2004 im Grab ruhende THE CROWN mit neuem Sänger (saustark) sowie dunkelschwarze 1349 bringen das Zelt noch einmal zum Kochen. Das ultimative Ende für 2010 - da sind wir aber schon beim Feierabendbierchen - bereiten überragende COUNT RAVEN (Doom).
Ein langes und kurzweiliges
Wochenende geht zu Ende.
Vielleicht sollten in der Zukunft
weniger Bands spielen. Das würde den Zeitdruck mildern und
bedauerliche Überschneidungen reduzieren. Deal? Es kommen
ohnehin erfahrungsgemäß wenig Menschen NUR wegen der Musik nach
Dinkelsbühl und nicht wenige Feiergeier betreten das
Festivalgelände gar nicht.
Text und Fotos: Kerstin Vielguth – Jens Reinhold