Rockbands feiern lange und gerne, schlafen den halben Tag und
kriegen von ihrer Umwelt so gut wie nichts mit. So lautet das
Klischee. Ganz anders sieht die Sache bei Skin und Ace von
Skunk Anansie aus, die mit „Wonderlustre“ Anfang September ein
grandioses Comeback-Album veröffentlicht haben. Sängerin Skin
hat in ihrer Wahlheimat Ibiza ihren grünen Daumen entdeckt und
verbringt jede freie Minute zwischen Tomaten, Feigen und
Zwiebeln. Gitarrist Ace trotzt in seiner Heimatstadt London
Stahl und Beton.
Angefangen hat alles mit einer Saftdiät. Skin wollte beim
Heilfasten Körper und Geist reinigen und hat angefangen in
ihrem Garten Gemüse anzubauen - biologisch einwandfrei
natürlich. „Ich bin in der Stadt aufgewachsen - als Kind in
Brixton. Mein Vater hat uns Kinder immer zu Spaziergängen in
die Natur mitgenommen. Deshalb liebe ich es einfach, im Grünen
zu sein“, erzählt Skin mit leuchtenden Augen. „Als Kind hatte
ich nicht diese Möglichkeit, da gab es nur die Stadt um mich
herum. Ich liebe die Stadt natürlich auch mit all ihren
Möglichkeiten: der Kunst, den Konzerten, etc. aber mein Herz
habe ich an die Natur verloren. Ich liebe nichts mehr, als
unter meinen Obstbäumen zu frühstücken und die Ruhe und den
Frieden in meinem Garten zu genießen.“ Einen Apfelbaum, einen
Birnbaum und einen Aprikosenbaum hat die Sängerin schon
vorgefunden, als sie das Grundstück auf der spanischen Insel
gekauft hat. Zum Geburtstag hat sich Skin dann weitere Bäume
für ihren Garten schenken lassen und ihnen Namen wie Michelle,
Lee oder Mischa gegeben. Schon bald ist sie auf den
Gemüse-Tripp gekommen, hat angefangen Gurken, Paprika, Mais
oder Salate zu kultivieren. Seit Skunk Anansie wieder aktiv
sind, müssen ihre Plantagen allerdings darben. „Dieses Jahr
habe ich leider fast keine Zeit, die letzten beiden Jahre habe
ich dort viele Stunden verbracht. Dieses Jahr machen das meine
Gärtner für mich. Es gibt eine Menge Gemüse in dieser Saison,
deshalb beansprucht der Garten eine Menge Zeit.“ Ähnlich wie
Skin geht es Skunk Anansie-Gitarrist Ace, der in London lebt.
Auch er hat seine Liebe für Gemüse und Obst aus eigener
Produktion entdeckt und pflegt seinen Rockstar-Garten mit viel
Liebe. „Ich teile mir den Garten mit meiner Frau“, erzählt Ace.
„Sie kümmert sich um die Blumen und ich um den Rest. Meistens
verbringe ich mehrere Stunden draußen mit graben, schneiden
usw. Das ist so einfach und beansprucht nicht so viel
Denkarbeit wie der Computer. Du bist den ganzen Tag an der
frischen Luft und fühlst Dich einfach wie ein Höhlenmensch.“
Stolz präsentieren Skin und Ace beim Interview Handy-Fotos von
besonders prachtvollen Erzeugnissen aus ihren Gärten.
Der Sohn von Ace hält ein Bündel strammer Karotten in der
Hand. Skin hat pralle, knallrote Tomaten fotografiert und
schwärmt vom Geschmack. „Meine Tomaten und Zitronen sind ein
Gedicht“, sagt sie ganz unbescheiden. „Meine Orangen sind
unglaublich, weil deren Haut besonders dick ist und innen sind
sie extrem saftig.“ Allerdings, erklärt Skin, hat sie auch
Feinde in ihrem Garten. Nicht Nacktschnecken haben den Zorn der
Sängerin auf sich gezogen, sondern Kaninchen. „Die wohnen in
einem kleinen Wald, der zu meinem Grundstück gehört. Zurzeit
experimentieren wir mit verschieden hohen Zäunen. Binnen einer
Nacht haben mir die Biester mein komplettes Salatbeet leer
gefressen. Ich glaube sie wollen nicht über irgendetwas drüber
springen, weil sie Angst haben, nicht mehr zurück zu kommen.
Kaninchen sind unglaublich dumm. Meine Nachbarn erschießen und
essen die Kaninchen. Ich kann sie nicht essen, weil ich sie die
ganze Zeit herum hoppeln sehe.“ Immerhin war Skin lange Jahre
Vegetarierin. Ace hat kein Problem mit Kaninchen. Er freut sich
über freundliche Eichhörnchen, die durch seinen Garten hüpfen
und hat schon seit Jahren ein abendliches Ritual entwickelt,
das einzig und allein zur Entspannung dient. „Um fünf Uhr, wenn
die Sonne langsam aus dem Garten verschwindet, setze ich mich
auf eine Bank in meinem Garten und trinke Cidre. Dann entspanne
ich nach getaner Arbeit hin und genieße meinen
Feierabend-Pint.“ Skunk Anansie - die Band mit dem „Grünen
Daumen“. Selbst wenn sie unterwegs sind, haben Skin und Ace
ihren Blick für die Natur geschärft. „Als wir in der Schweiz
auf Tour waren, sind wir an einem umgepflügten Feld vorbei
gefahren“, erzählt Ace. „Und Skin war angesichts des Matsches
total aufgeregt. Sie stieg aus dem Bus aus, stellte sich davor
und sagte: Ich möchte wissen, was sie hier wohl anbauen!“
Wolfram Hanke