Am Freitag, den 26.11. setzten Tankard den Schlusspunkt unter
eine Reihe von 4 "außerplanmäßigen Metal-Events", die der
Veranstaltungshalle der Brauerei Sauer in Gunzendorf zelebriert
wurden. Nach dem Motto "Nomen est Omen" paßt Tankard (zu
Deutsch Bierkrug) natürlich so richtig in das Portfolio der
Musikevents im "Saale Sauer". Eingeleitet wurde der Topact
durch die Bands "Warlike Deathstrike", "Delirium Tremens" und
"Hatred".
Vorab mal ein paar Anmerkungen zum D'rum-Herum:
Auch als Fan der moderateren Töne muss man solche Events
einfach mal besuchen, alleine schon ob des gediegenen und
gelungenen Ambientes in Saal der Brauerei Sauer in Gunzendorf.
Das Zusammenspiel von Location, Bands, Publikum und Getränken
stimmt hier wirklich bis ins kleinste Detail. Die
versorgungstechnische Infrastruktur im Saal ist nahezu perfekt
und lässt keine Wünsche offen. Dem Besucher bietet sich hier
ein Haus der kurzen Wege, in dem Tresen, Bars, Zapfhähne und
Getränkespender sinnvoll und taktisch klug auf 3 Etagen
angeordnet sind. Für das nächste Pils, "Loacher" (gemeint ist
wie immer das gute Lager Bier) oder einen Drink muss man also
nicht weit laufen. Getränke-Engpässe sind hier ohnehin ein
Fremdwort, weil der Saal direkt gegenüber dem Brauereigebäude
liegt. Schon beim Betreten des Saals entdeckt man trotz
dezenter Beleuchtung - selbstverständlich müssen Metal-Events
im Halb-Dunkel präsentiert werden - zur rechten Seite den
Haupttresen, an dem man sich sofort ein kühles Stützbier von
der Dorfschönheit kredenzen lässt. Das sorgt für den richtigen
Einstand. Passend zu den Old-School-Getränken gibt es am
Wochenende immer old school mäßig kräftig auf die Ohrwascheln,
üblicherweise Samstags von den einschlägig bekannten Coverbands
und außer der Reihe eben auch mal am Freitag von richtigen
Metal Bands. Also, was gibt es denn da bitteschön noch zu
meckern? Location-Fazit: Auch ein Kritiker a’la Rach müsste
unter der Bedingung "Beurteilung Metal-Schuppen" hier eine
Premium-Auszeichnung mit 5 Sternchen verleihen, denn in
Gunzendorf bietet sich dem Gourmet der gepflegten
Metal-Wochenendunterhaltung ein echtes Festival der Sinne. Dort
gibt es sowohl etwas für und gegen den Durst, kräftig auf die
Ohren (und an diesem Abend auch noch richtig was zu sehen).
Lediglich in Punkto Toiletten(-Benutzung) muss man zu
fortgeschrittener Stunde ein paar Abzüge machen. Aber das ist
in anderen Musik- und Tanzschuppen auch nicht anders.
Genug der Vorworte! Nur noch soviel: Wer da immer meint, die
Musikwelt bestehe nur aus Lady Gaga, Robby Williams oder
sonstigen Dünnbrettbohrern (kennt eigentlich noch einer die
Kaiser Chiefs?) hat sich kräftig geirrt, denn gerade im
Metal-Bereich gibt es eine Mega-Vielfalt von exzellenten
Musikern und Bands, die seinesgleichen sucht. Das gilt
insbesondere für alle Bands die 26.11. in Gunzendorf in bester
Spiellaune aufgelaufen sind.
Also es ist 20:00. Schell noch mal 'nen Schluck genommen,
hinein ins Getümmel und los geht's mit dem "Gedresche" auf die
Ohrwascheln. Das mit dem Getümmel ist bekanntermaßen bei den
Supportacts eher nicht so dolle aber auf's Trommelfell drischt
die Kapelle "Warlike Deathstrike" aus Bamberg schon mal kräftig
ein. Die Band hat sich aus diversen Nürnberger und Bamberger
Formationen herauskristallisiert und nutzt den Gig
logischerweise dazu, die frisch erschienene Debüt EP "The 1st
Impact" (16.11.) zu präsentieren. Die "auftrittsfreie Zeit"
verbringt die Band an diesem Abend damit, die EPs an den Mann
zu bringen, was mehrfach auch geklappt hat. Laut Webseite
handelt es sich bei der Musik von "Warlike Deathstrike" um pure
Zerstörung bzw. einen Wutausbruch, der bleibende Schäden
hinterlässt - und das auch Live. So krass sollte man das
vielleicht nicht formulieren, weil in Punkto "Zerstörung"
sicherlich noch Luft nach oben ist aber der Liebhaber von
düsterem und schnellem Prügel-Rock kommt schon mal richtig auf
seine Kosten. Fazit: Mit "Warlike Deathstrike" hat man einen
prima Einsteiger für den Abend gefunden.
Pause, schön ein "Loacher" reindrehen, eine piefen und schon
geht's weiter! Hoffentlich, denn da sitzt ja immer noch das
Angstgespenst der überlangen Umbaupausen und Technikprobleme
vom Sodom Konzert im Nacken. Uff, Glück gehabt, weder Keyboard
noch Sampler oder ähnliches in Sicht. Also wird's wohl gleich
weitergehen mit "Delirium Tremens".
Bei "Delirium Tremens" fühlt man sich sofort in die Mitte der
80'er Jahre versetzt, wo Bands wie Kiss, Metallica, Megateth,
usw. nicht nur durch exzellenten Metal sondern auch durch eine
klasse / krasse Show begeistern konnten. Der Shouter von
"Delirium Tremens" ist in stilechtem 80ies-Outfit aufgelaufen.
Mit dem Lack-, Leder-, Nieten- und Schmink-Outfit wäre der
Bengel Anfang der 80'er sicherlich noch als Metal-Trendsetter
in die Analen eingegangen. Heutzutage ist solch ein Outfit
nicht wirklich etwas Neues aber lustig anzusehen ist das
allemal. Warum sich allerdings die Nieten-Boys mit den
"XXXXXXL-Nieten" beim Performen nicht selber oder gegenseitig
verletzen, ist und bleibt ein Rätsel. Der Vollständigkeit
halber sollte man noch erwähnen, daß auch der Drummer vor den
Gig noch längere Zeit in der Schminke bei den Gesichts-Bemalern
zugebracht hat ... Die Bamberger Jungs von "Delirium Tremens"
legen in der Tat einen in allen Belangen bemerkenswerten Gig
hin. Da wird nicht "irre gezittert" wie der Name es vermuten
läßt sondern richtig schöner abwechslungsreicher "Old School
Poser Thrash Metal" präsentiert, der echt Spaß macht und das
nicht nur wegen der Show. Coole und treibende Hooklines sind so
recht nach dem Geschmack des Publikums. Passend zum
Poser-Thrash mit Lack und Leder gibt's als Leckerli noch eine
Strip Show, bei der sich der Gitarrist von einen "scharfen
Schnecke" abschleckern läßt - und umgekehrt. Eine Strip Show
ist nun auch nichts weltbewegend Neues aber hinsehen tut Mann
zwecks Anregung der Phantasie dann doch immer mal wieder gerne.
Falls nicht, fehlen sicherlich ein paar Gene! Ich habe zwar
keine Ausbildung als Gedankenleser, kann mir aber durchaus
vorstellen, daß auch einige Girls beim Anblick des eingesahnten
langhaarigen Gitarreros etwas nachdenklich oder leicht feucht
um die Augen oder andere Körperteile geworden sind. Ein Schlem,
der Böses dabei denkt! Alles in allem hat der Auftritt von
"Delirium Tremens" Hand und Fuß. Das beweist auch die Nachfrage
nach Zugaben. Ob man nackte Mädels präsentieren zum
Poser-Thrash muß am Ende jeder für sich selbst beurteilen
...
Bevor dann "Hatred" als letzte Support-Band ran darf,
zelebriert man in trauter Runde zum wiederholten Mal das
Pausen-Ritual, soll heißen ein "Loacher", eine Zigarette und je
nach Füllstand vorab noch mal zum Abgießen der überschüssigen
Flüssigkeit.
Hurra, auch bei "Hatred" sind keine Keyboards oder ähnliches
Geraffel in Sicht!!! Also wird das wohl doch ein waschechter
"Hau-D'rauf-Abend" ohne unnötigen Schnick-Schnack,
Tastendrücker und sonstigen Unfug. Um das gleich mal vorweg zu
nehmen, wenn man wie "Hatred" mit zwei exzellenten Axeman
aufläuft, dann erübrigt sich die Nachfrage nach einem
Keyboarder von selbst. Was die beiden an Highspeed-Licks
abfrickeln, ob alleine oder zweistimmig, ist schon richtig
klasse. Wem das nicht gefällt, der sollte besser zuhause
bleiben und sich wieder den "Kaiser Chiefs" und deren
Tüddelüt-Pop widmen. Die Schweinfurter Kapelle ist mit neuer
Scheibe "Destruction Manual", immerhin schon die vierte, am
Start und knüppelt gewohnt flockig einen ab. Die Songs erinnern
an einen wohltuenden Mix aus Exodus, Metallica und Testament
mit reichlich Geprügel, kreischendem Gesang und melodiöseren
Parts. "Ein bunter Strauß von Melodien" bestehend aus
Klassikern und neuen Songs wird dem Publikum sozusagen vor den
Latz geballert. Frankonian Bay-Area-Thrash-Metal at its Best!!!
Wie schon angemerkt, begeistern "Hatred" durch Virtuosität und
Spielwitz. Da ist es auch kein Wunder die Band sich auch in
Oberfranken ihre Fangemeinde erspielt hat, wie unschwer an der
aufkommenden Stimmung festzustellen ist. Alles incl. Sound
macht schon einen sehr professionellen Eindruck, was nicht
zuletzt daran liegt, daß Hatred zum einen verhältnismäßig viele
Gigs spielt und zum anderen auch international schon mit
diversen klasse Acts unterwegs war (Entombed, Candlemass,
Sodom, Destruction, Onkel Tom usw.). "Hatred" und diverse
Seidla sorgen dafür, daß es stimmungstechnisch genau in die
richtige Richtung geht. Songs besonders rauszuheben ist
sicherlich fehl am Platze, weil das Gesamtpaket in sich stimmig
und klasse ist.
Letzte Pause, d.h. noch mal etwas Stimmung tanken, im wahrsten
Sinne des Wortes und dann geht's ab mit Tankard. Wer da meint
große Ereignisse und Gerre werfen Ihre Schatten voraus, sieht
sich schön getäuscht, denn den Tankard-Gig kann man durchaus
unter das Motto "Gerre, von Meister Wampe zu Hager dem
Schrecklichen mutiert!!!" stellen. Wie geil, schön abgespeckt
(Will der sich wohlmöglich noch bei "Schwiegersohn gesucht"
bewerben?) und in Topform präsentiert sich der Shouter gleich
beim Opener "The Morning After". Flink wie ein Wiesel huscht
Gerre über die Bühne, so daß es nicht leicht fällt, ihn mal
vernünftig vor das Objektiv zu bekommen. Zumindest paßt er nach
der Entschlackungskur wesentlich besser auf das Foto und für
die Kollegen ist auch noch Platz. Trotzdem ist es irgendwie
unverständlich, wie man bei derart sportlichen Aktivitäten
überhaupt dick werden kann? Vielleicht liegt es ja doch daran,
daß die Bierkrüge während der Touren immer gut gefüllt waren,
bevor sie geleert wurden? Bier soll ja sehr nahrhaft sein.
Möglicherweise trägt auch der Nährschlamm, den man auf der Tour
immer so in sich reinwürgen muß, seinen Teil zur Figur-Bildung
bei? Am Ende hat dem Schreihals dann noch die Diät aus der
"Frau im Spiegel" geholfen? Das wäre sicherlich mal
erfragenswert ist aber doch etwas am Thema vorbei und eine
zufriedenstellende Antwort auf all die Fragen werden wir wohl
auch nie erhalten. Mit der Auswahl der Songs trifft Tankard
jedenfalls voll ins Schwarze. Trotz des brandneuen Albums
"Vol(l)ume 14" haben Tankard jede Menge alter Alc- und Saufsong
im Gepäck, wie "Stay Thirsty!", "Need More Money For Beer",
"Alcohol", "Die With A Beer In Your Hand" und natürlich
"Freibier" zum Ende des Gigs um nur einige zu nennen. Axeman
Andi scheint das Grinsen förmlich ins Gesicht geschnitzt wie
auch der Rest der Band - dazu zählen noch Frank am Tieftöner
und Olaf der Fell-Gerber - mit einer Spielfreude am Start ist,
wie man sie beim Glubb (1. FCN) gerne mal wieder sehen würde.
Im Gegensatz zum Sodom-Gig wird das Stagediven nicht im Keim
erstickt sondern kontrolliert geduldet. Mir wird ja immer ein
leicht flau im Magen, wenn ich die "Bühnentaucher" so
beobachte, wie sie sich in die moshende Menge stürzen. Aber
Verletzungen sind dabei doch eher die Ausnahme, weil alle nur
das gemeinsame Abfeiern im Sinn haben und am Ende scheinbar
doch immer einer auf den anderen aufpaßt. Das ist bei so
manchem Volksfest ganz anders. Aber da trägt dann sicherlich
auch die unerträgliche Bierzelt-Mucke zur aggressiven Stimmung
bei (Wendler und Konsorten lassen grüßen). Bei Tankard ist das
anders, da wird schön in bester Thrash-Manier einer abgefeiert,
was das Zeug hält, soll heißen Abmoshen und Matte-Kreiseln ist
angesagt. Die Alc-Setlist ist taktisch klug mit Klassikern
durchsetzt. Dazu zählen Songs wie "The Beauty And The Beast"
(umgekehrt trifft das direkt auf Gerre zu) "Zombi Attack"
"Maniac Forces" "Alien" usw. Alles wird bei bestem Sound
runtergeprügelt, wie es sich für eine Thrash Metal Kapelle von
Rang und Namen gehört. Zwischendurch legt Gerre auch noch ein
kleines Bluestänzchen mit eine handverlesenen Schnecke auf die
Bühne um diese nach getan(zt)er Arbeit zurück ins Publikum zu
werfen, wie es der Metal-Knigge verlangt. Na, der traut sich
was der Mann … Zum Ende gibt's natürlich den "(Empty) Tankard".
Der geleerte Bierkrug scheint für Gunzendorf allerdings ebenso
unmöglich wie die Meisterschaft für den Glubb (Sorry aber der
Vergleich trifft die Verhältnisse wohl am besten).
Zusammenfassend kann man nur neidlos anerkennen, daß Tankard
immer noch zu den Großen in der deutschen Thrash Metal Szene
zählen und das nicht erst seit gestern. Immerhin können Tankard
schon auf eine Historie von fast 30 Jahren(!!!) mit über 20 CDs
und DVDs und jeder Menge Auftritte (weltweit) zurückschauen.
Hoffentlich bleiben die Jungs uns noch etwas erhalten. Fazit:
Wie an diesem Abend wird es sich auch zukünftig immer wieder
lohnen, dem „Bierkrug-Spektakel“ beizuwohnen und dafür wird der
Fan auch gerne mal wieder ein paar Kilometer auf sich nehmen
(Kfz-Kennzeichen aus aller Herren Länder konnte waren zu
sehen).
Ach so, fast vergessen: Nach dem Topact muß man sich
selbstredend noch schön ein paar flüssige Nachspeisen
genehmigen. Es wäre doch zu ärgerlich, wenn man mangels
Flüssigkeitszufuhr noch austrocknet. Prost!!!!
Kleine Anekdote am Rande:
Bei der Veranstaltung gab es nicht nur auditive Prügel auf die
Lauscher. Auch der elektrische Kraftmesser (Boxsack) mußte
reichlich Dresche einstecken. Aber die magische Marke von 999
"Bums per Hau-D'rauf" (Maßeinheit für Kraftmeier) konnte keiner
knacken, egal ob kleiner oder großer Kraftmeier. Vielleicht
können die "Klitsch-KO's" im Rahmen eines "Dresch-Metal-Abends"
mal vorführen, wie man richtig auf den Apparat
einprügelt.
Noch einen Tipp für den Fan der modernen Bluesrock-Töne:
Wer das musikalische Geprügel nicht so mag oder sich mal auf
ein anderes musikalisch Terrain begeben möchte, dem sollte man
mal die Band "Monstas Of Block" ans Herz legen. Die
"Old-Star-Combo" begeistert mit modernem Bluesrock und
beschäftigt keinen geringeren als Ober-Powerdrummer Iain Finlay
(ehem. Running Wild, Justice, Demons Pact, ...) an der
Schießbude. Den Debut-Gig incl. Signing Session gibt es
übrigens am 10.12.2010 in Pommelsbrunn im "Club Bermuda". Nicht
vergessen: Alte Scheiben zum Signieren mitnehmen!
Stephan Hobke (Freund der kurzen Worte
:-)