12 lange Jahre mussten die Fans auf ein Lebenszeichen von Yuppicide warten. „Where have you been?“, kommt die Frage aus Publikum. „Just growing older“, kommt als lapidare Antwort von der Bühne zurück. Yuppicide gehören zu den klassischen New York Hardcore-Acts der Neunziger wie Gorilla Biscuits, Sick Of It All, Cro Mags oder Agnostic Front. Sänger Jesse Jones legt die gewohnt spektakuläre Bühnenshow hin, schlüpft immer wieder in neue Verkleidungen und zieht mit seinen irren Grimassen alle Blicke auf sich. Der Mann mit dem charmanten Londoner Akzent gibt den verrückten Professor, den Wrestler mit S/M-Maske oder den mystischen Kapuzenmann. Geschminkt fast wie der Joker aus „Batman - The Dark Knight“, krümmt er sich wie eine Eidechse, springt über die Bühne wie ein Tasmanischer Teufel und holt sich immer wieder textfeste Mitsänger aus den ersten Reihen ans Mikrofon. Gekommen ist vor allem die alte Garde der Hardcore-Szene, also Leute, die Yuppicide schon vor ihrer 12-jährigen Bühnenpause kannten. Neue Songs gibt ‘s keine von den New Yorkern. Alte Kracher wie „Nice Guys Finish Last“, „New Jesus“ oder „Follow The Leader“ finden aber dankbare Abnehmer. Die Atmosphäre im Saal ist familiär, fast schon nostalgisch – allein der Nachwuchs fehlt. Der Altersdurchschnitt im Moshpit ist deutlich höher als bei jüngeren Hardcore-Bands. Vielleicht waren Yuppicide einfach zu lange weg, hört man im Publikum. „Die kennt doch keiner mehr“, sagt einer neben mir und nimmt einen kräftigen Schluck aus seinem Bier. Wie bei einem Klassentreffen scherzt Jesse Jones mit seinen Fans und verschenkt Getränke von der Bühne, bevor er wieder Vollgas gibt. Eine Stunde Yuppicide, das heißt etwa 30 Zwei-Minuten-Songs im Stakkato-Rhythmus fast wie bei den Ramones und einen überraschend schnellen Abgang. Keine Zugaben, kurzes Winken, das wars! Trotzdem schön!
Wollrahm Hanke
Seite drucken